Manche fahren vor allem oder nur deshalb nach Peru. Sie wollen Machu Picchu sehen. Das Muss für den Peru-Urlaub steht natürlich auch für uns auf dem Programm. Obwohl nur 72 Kilometer von Cuzco entfernt, ist die Anreise kompliziert, da es keine Straße dorthin gibt. Würden wir wie die Inka anreisen, müssten wir laufen, aber für den sogenannten Inkatrail müssen zwei Pässe in 4400 Metern Höhe überquert werden. Ich war mir unsicher, ob meine Kondition reichen würde. Gerne wäre ich wie der Inkakönig gereist – der wurde nämlich über den Inkatrail getragen, aber diese Variante ließ sich nirgendwo buchen, wohl aber die Luxuswanderung mit beheiztem Zelt und abendlicher Massage. Verlockend, aber wir wählten statt des Inkatrails die Inkarail. Dafür fahren wir zunächst mit dem Bus durchs heilige Tal nach Ollantaytambo. Von da aus geht es weiter mit der Bahn nach Aguas Caliente, auch Machu Picchu Dorf genannt.
In Machu Picchu Dorf übernachten wir. Um 6 Uhr am nächsten Morgen holt Edith, unsere Guide, uns ab.
Mit dem Bus geht es noch einmal 25 Minuten bergauf zum Eingang der weltbekannten Inkastadt. Einen ersten Blick auf die faszinierende Anlage bekommen wir bei Sonnenaufgang.
Der Erbauer der Stadt, der Inkakönig Pachacutec Yupanqui, hatte eine besondere Verbindung zur Sonne, er führte auch den Kult rund um den Sonnengott Inti ein. Da darf ein Sonnentempel natürlich nicht fehlen. Die Fenster waren so gebaut, dass man genau wusste, wann die Sonnenwende ist. Der Sonnentempel war also auch eine Art Kalender. Zur Sonnenwende wurde (und wird) ein großes Fest gefeiert. Zur Inka-Zeit reisten die Menschen aus den umliegenden Bergdörferrn nach Machu Picchu, um zu feiern und ihre Abgaben zu leisten. In der Stadt selbst wohnte nur die Oberschicht und ihr Personal.
Der Sonnentempel, der Einfallswinkel der ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster diente als Kalender
Insgesamt war die Anlage sehr durchdacht. Ein cleveres Bewässerungssystem ermöglichte den Anbau von Agrarprodukten und schützte die Stadt vor den Regenmassen. Die Felder wurden auf Terrassen erdbeben- und erdrutschsicher angelegt. Weil Naturkatastrophen, wie El Nino, die Ernte komplett vernichten konnten, überlegten die Inka sich Konzepte, um Lebensmittel haltbar zu machen. So konnten sie überleben, selbst wenn die Ernte zwei Jahre ausfiel. El Nino brachte den Touristen im Jahr 2010 übrigens ein zusätzliches Abenteuer. Aufgrund riesiger Wassermengen musste Machu Picchu Dorf mit Hubschraubern evakuiert werden.
Der Kondor war für die Inka das Symbol der Wiedergeburt. Im Tempel des Kondors bereiteten sich alte Menschen auf die Wiedergeburt vor. In diesem Felsen sahen die Inka den Kondor, rechts und links die Flügel, in der Mitte Kopf und Schnabel.
Insgesamt ranken um Machu Picchu viele Mythen und Theorien. Umstritten ist beispielsweise, ob es eine Schrift gab. Aufgeschrieben haben die Inkas ihre Erkenntnisse vielleicht mit Knoten, aber es fehlt der Schlüssel, um die „Schrift“ zu entziffern.
Fakt ist jedoch: Machu Picchu ist faszinierend. Diesen Ort in seiner Perfektion nur mit den Händen und der Hilfe von Lamas zu schaffen (Räder und Flaschenzüge waren den Inkas nicht bekannt) stellt eine unglaubliche Leistung dar. Viele Besucher fassen spezielle Steine an, weil sie glauben, diese spenden Energie.
Soweit würde ich vielleicht nicht gehen, aber dieser Ort hat wirklich etwas Besonderes und ist definitiv eine Reise wert.
Mit Zug und Bus geht es von Machu Picchu Dorf zurück nach Cuzco. Unser letzter Abend in der Andenstadt gestaltet sich noch als kleines Abenteuer, da die Wegbeschreibung zum Hotel uns ins Nirgendwo führt – ein Fehler von Booking.com. Letztendlich werden wir fündig, checken ein und trinken auf den Schreck in der Bar nebenan einen Pisco Sour (DER Cocktail in Peru) und ein Bierchen.
No responses yet