Malerweg

Etappe 1 von Pirna-Liebethal nach Stadt Wehlen

Nochmal ein Weitwanderweg war von meiner Lieblingsreisebegleitung gewünscht worden. Also habe ich mich auf die Suche gemacht und bin am Malerweg hängengeblieben. Der Malerweg führt in acht Etappen durch die Sächische Schweiz und wurde 2007 zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürt. Seinen Namen verdank der 116 Kilometer lange Weg zahlreichen Dichtern, Malern und Musikern, die in die Region kamen, um sich von der schönen Natur inspirieren zu lassen. Ein Eldorado für Künstler also – das klingt in meinen Ohren interessant und so machen wir uns auf den Weg nach Pirna. Als Freunde des langsamen Tourismus nehmen wir das E-Auto, was meine Geduld arg auf die Probe stellte. Die 600 Kilometer kamen mir vor wie 1000, aber wir sind angekommen.

M wie Malerweg

Nach einer Übernachtung im „Heiteren Blick am Malerweg“ und einem Frühstück in einem netten Café parken wir das Auto im Parkhaus Stadtmitte, denn hier kann man mit dem „Malerwegticket“ kostengünstig parken. Mit der Gästekarte fahren wir kostenlos im Bus nach Pirna-Liebethal. Von dort startet der Malerweg. Wir wandern entlang des Flüsschen Wesenitz bis zur Lochmühle. Heute ist die Mühle verfallen, früher kam dort Richard Wagner unter. Mit dem sprudelnden Bach im Ohr sollen die Noten für seine spätere Oper Lohengrin nur so aus ihm herausgeflossen sein. Einen so berühmten Musiker inspiriert zu haben, erfüllte die Bewohner mit Stolz. Sie errichteten Wagner ein Denkmal, das man zu Lohengrin Klängen bewundern kann.

Weiter geht es für uns durch kleine Dörfer und über Felder. Nach der gelungenen Ouvertüre läuft es sich im Mittelteil eher durchschnittlich, aber am Ende holt der Weg noch einmal zu einem Paukenschlag aus. Es geht durch ein schaurig schattiges Tal. Die Kulisse wäre perfekt für Herr der Ringe, Games of Thrones oder eine andere Fantasy-Saga. Man erwartet richtig, dass man auf dem felsengesäumten Pfad geradezu in einen Hinterhalt läuft. Spektakulär ist das sogenannte Felsentor. Der berühmte (also für mich nicht, aber vielleicht für euch) Romantiker Casper David Friedrich sah es als eine Art Mutprobe an, einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hier zu verweilen.

Für uns ist es keine Mutprobe, Sonnenstrahlen lugen durch das dichte Blätterdach und tauchen das gesamte Tal in ein besonderes Licht.Wir laufen weiter bis zur Stadt Wehlen, unserem ersten Etappenziel. Wir übernachten im Bed and Breakfast Stadt Wehlen.

Unsere Unterkunft heute😉

Etappe 2 von Stadt Wehlen nach Hohnstein

Wir starten an Ufer der Elbe, aber so bequem flach werden wir es nicht lange haben. Wenn wir unsere Augen nach oben richten, können wir schon sehen, wohin der Malerweg uns heute führen wird. Es geht zur „Bastei“. Die Bastei ist die berühmteste Felsformation der sächsischen Schweiz. Hoch oben am rechten Elbufer trieben einst Raubritter ihr Unwesen, dann kamen die Romantiker. Wir müssen es erst einmal nach oben schaffen, rund 360 Höhenmeter sind noch zu meistern.

Unsere erste Rast machen wir am sogenannten steinernen Tisch. August der Starke ließ diese „Picknickstätte“ extra für einen Jagdausflug errichten. Die armen Knappen, die die schweren Steine nach oben transportieren mussten. Wir machen eine Trinkpause auf den geschichtsträchtigen Hockern.

Nur ein paar hundert Meter weiter kommen wir dann ins Einflussgebiet der Bastei. Wir erleben hier, wie wir es nennen, den „Zugspitzeneffekt“. Bei der Besteigung der Zugspitze kamen wir verschwitzt und verdreckt am Gipfelplateau an, währen Insta-Ladys in Flipflops am goldenen Gipfelkreuz postierten. Ein bisschen von diesem Gefühl erlebten wir auch auf der Bastei. Touristenmassen schieben sich entlang des asphaltierten Weges, ein Leierkastenmann spielt „Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse…“

Es ist aber auch wirklich schön hier oben.

Die Basteibrücke

Die meisten Touristen sind offenbar nur für die Bastei gekommen, bald haben wir den Malerweg wieder für uns alleine.

Als die Füße bereits ein bisschen schmerzten, sahen wir jenseits eines tiefen Tals schon unsere nächste Unterkunft: Burg Hoheneck. Eine Zipline oder eine Hängebrücke wären an dieser Stelle perfekt, aber wir müssen leider zig Stufen runter und anschließend wieder hinauf, wobei der Weg wirklich schön war, mit frischen Beinen wäre er allerdings noch schöner gewesen. Wie gestern laufen wir auch heute durch eine wildromantische Landschaft – die perfekte Kulisse für einen mystischen Fantasy-Film.

Kennt ihr die größte Wandererlüge? Die lautet „Wir sind gleich da“. In unserem Fall waren es eigentlich noch 50 Meter bis zum Hotel, aber dann war die Straße gesperrt und wir mussten ungefähr einen weiteren Kilometer laufen. Jetzt genießen wir endlich den Ausblick aus unserem Burgzimmer und können die Füße hochlegen.

Burg Hohnstein
Der Burghof

Etappe 3 von Burg Hohnstein nach Ostrauer Mühle

Die dritte Etappe führt uns von Burg Hohnstein zur Ostrauer Mühle. Wir wollen heute schon den ersten Kilometer der vierten Etappe laufen, denn die Unterkünfte entlang der Strecke sind rar. Am offiziellen Ende gibt es das sehr kleine Dorf Altendorf ohne Übernachtungsmöglichkeiten. Der Wanderer bekommt empfohlen, mit dem Bus nach Bad Schandau zu fahren. Das möchten wir vermeiden, weil wir „ohne Hilfsmittel“ die Tagesziele erreichen wollen.

Nun geht es aber erstmal los. Wir überreden die Bauarbeiter für uns eine Ausnahme zu machen, sodass wir nicht den einen Kilometer Umweg von gestern laufen müssen. Begeistert waren sie nicht, denn „eigentlich“ ist der Weg gesperrt, aber ein „eigentlich“ verleitet ja immer zu der Frage „und uneigentlich?“ Damit hatten wir ihn dann😉.

Nach nur ein paar hundert Meter machen wir einen Abstecher zur Gautschgrotte, das erste Highlight der Strecke und wirklich sehenswert.

Bei diesem einen Highlight bleibt es aber mehr oder weniger. Es gibt ein paar schöne Ausblicke, unter anderem vom „Balkon der sächsischen Schweiz“. So beeindruckend der Weg der letzten beiden Etappen war, so normal ist er heute. 

Aussicht vom Balkon

Wir laufen einen schönen Waldweg, mal bergauf, mal bergab, mal am plätschernden Bach vorbei, mal durch kleine Dörfer. Insgesamt ein netter Wandertag bei Traumwetter, aber ohne Wow-Effekt. Zwischendurch gabs mal ein bisschen Industriedenkmal-Charme und natürlich die eine oder andere Wanderlüge, heute: Ich kenn ne Abkürzung, beziehungsweise Google kannte ne Abkürzung. Zwei Minuten, die wir bestimmt wegen des unwegsamen Geländes am Ende sicher nicht rausholten.

Zur Herausforderung nach 18 Wanderkilometern wird am Ende noch die Zimmersuche auf dem Campingplatz. Wir werden von einem gelben Gebäude zum nächsten gelben Gebäude geschickt. Die Differenzierung „gelb“ war eher unklug, da alle Häuser gelb sind. Wir kennen sie jetzt alle und haben endlich auch unser Zimmer gefunden. Gleich gehen wir noch zum Restaurant und ihr dürft raten, welche Farbe das Gebäude wohl hat?

Etappe 4 von Ostrauer Mühle bis Lichtenhainer Wasserfall

Wir beginnen die heutige Etappe am „gelben Haus“. Was gestern an Highlights fehlte, macht der Tag heute doppelt wett. Gleich zu Beginn geht es gut bergauf direkt zu den Torwächter der Schrammsteine.

Die Schrammsteine sind eine wirklich außergewöhnliche Ansammlung zerklüfteter Felsen. Der Malerweg hat seinen Namen hier wirklich verdient, denn: Es ist wirklich malerisch.

Der Weg ist heute oft abenteuerlich. Es gibt Himmelsleitern und kleine Kletterpassagen.

An beeindruckenden Ausblicken wird nicht gespart.

Leider hat der Borkenkäfer hier arg gewütet und viele Fichten dem Tod geweiht. Die abgestorbenen Bäume gehören zum Bild des Nationalparks.
Pause auf einem Plateau der Felsengruppe „Großer Winterberg“.

Wanderlügen dürfen natürlich nicht fehlen, besonders beliebt heute: „Nach diesem Anstieg geht es nur noch bergab“. Als wir im Vorbeigehen ein Gespräch mithören, müssen wir schmunzeln. Sie sagt zu ihm „sollte es heute nicht nur am Bach entlang gehen“ und er „da kommen wir noch hin“.

Die vierte Etappe geht eigentlich bis Neumannsmühle, aber da gab es keine Übernachtungsmöglichkeit. Deshalb hatten wir schon im Vorfeld beschlossen, beim Lichtenhainer Wasserfall unsere Wanderung nach 15 Kilometern zu beenden.

Der Wasserfall war dann mangels Wasser leider ein kleiner Reinfall, aber es gab kühle Getränke und leckeren Kuchen.

Hier sollte es eigentlich plätschern…

Vom Lichtenhainer Wasserfall nehmen wir die Kirnitzschtalbahn, eine neue, historische Straßenbahn nach Bad Schandau. Der ambitionierte Wanderer kann in vier weiteren Etappen zurück nach Pirna laufen, aber wir beenden hier unsere Wanderung auf dem Malerweg.

Angekommen in Bad Schandau

Unser Fazit: Ein landschaftlich großartiger Weg. Insbesondere die mythisch-romantische Stimmung der ersten beiden Etappen hat es mir angetan. Dass Künstler der Romantik hier Inspiration fanden, kann ich gut nachvollziehen.

Wie sind rund 60 Kilometer gewandert, haben alle Übernachtungsziele zu Fuß erreicht – das war perfekt, denn wir versuchen es zu vermeiden, am Ende eines Wandertags auf einen Bus warten zu müssen, der uns zum Hotel fährt.

Von uns bekommt der Malerweg auf jeden Fall einen „Daumen hoch“. Nachwandern ist empfehlenswert.

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