Ho-Chi-Minh-Stadt

Wer einen entspannten Urlaubseinstieg sucht, sollte Ho-Chi-Minh-City besser meiden. Die 14 Millionen Stadt pulsiert, sie ist laut und bunt. Wie New York hätte sie den Beinamen, die Stadt, die niemals schläft, verdient.

Wir kommen mittags an, ein Fahrer bringt uns in einer knappen Stunde ins Hotel. Nach dem langen Flug wollen wir nicht mehr viel unternehmen, bestimmte Sehenswürdigkeiten stehen bei uns eh nicht auf dem Programm. Wir machen einen kleinen Spaziergang, vorbei am Unabhängigkeitspalast und der leider eingerüsteten Kathedrale. In der alten Post machen wir Pause, weil der Himmel plötzlich die Schleusen öffnete.

Noch ein Blick auf die Oper, dann zum Essen. Zum Abschluss fahren wir auf das Saigon Sky Deck, um die Stadt von oben zu sehen.

Warum Saigon Deck? Saigon hieß Ho-Chi-Minh-Stadt früher – bevor die Frau von Ho-Chi-Minh, dem politischen Führer des kommunistischen Nordens, nach dem Vietnamkrieg beschloss, die Hauptstadt des kapitalistischen Südens nach ihrem Mann zu benennen.

Und da wären wir schon bei der Politik und dem Vietnamkrieg, der dieses Land so geprägt hat. Der nächste Tag ist diesem Thema gewidmet. Wir machen uns auf den Weg zu den Cu Chi Tunneln, ein unterirdisches Tunnelsystem ca. 60 Kilometer außerhalb der Stadt. Die Tunnel sind insgesamt 250 Kilometer lang und waren während des Kriegs sozusagen die Festung der Partisanen.

Da ich mich zuvor wenig mit dem Vietnamkrieg beschäftigt habe, möchte ich kurz ein paar Sätze darüber schreiben. Vietnam war viele Jahre französisch besetzt, während des zweiten Weltkrieg besetzte Japan das Land. Nach deren Rückzug in den 1940er-Jahren war das Land geteilt in den kommunistischen Norden mit der Hauptstadt Hanoi und einer Republik im Süden mit der Hauptstadt Saigon. Letztendlich war der Vietnamkrieg ein Stellvertreterkrieg Russland / China (Norden) gegen die USA (Süden). Das politische Oberhaupt im Süden kümmerte sich leider wenig um die einfachen Leute, sodass ein Widerstand entstand.

Außerhalb der Stadt wurde ein Tunnelsystem gegraben als Versteck und zur Verteidigung. Außerhalb der Stadt, weil die Vietnamesen im Wald bei tropischen Temperaturen im Vorteil waren.

Die Eingänge der Tunnel waren schmal, wie für Vietnamesen gemacht. GIs passten da nicht durch.

Und auch sonst waren die Vietnamesen Meister der Täuschung. Rauch, der beim Kochen entstand, wurde aufwendig durch ein Rohrsystem geleitet und weit weg von der eigentlichen Küche rausgeleitet, um nicht zu verraten, wo gekocht wurde.

Luftlöcher für das Tunnelsystem wurden aufwendig getarnt. Die Amerikaner setzten Tiere ein, um CO2 zu erschnuppern. Die Vietnamesen setzten Gewürze wie Chili und Pfeffer ein, um die Tiere zu verwirren. Als ein Gewöhnungseffekt eintrat und die Ablenkung nicht mehr funktionierte, wurden Fetzen der Kleidung von US Soldaten verwendet. Für die Tiere war dieser Geruch nicht der Feind. Auf diese Idee muss man erstmal kommen.

Sandalen wurden aus den Reifen der amerikanischen Autos hergestellt. Das Besondere: Man konnte von beiden Seiten hineinschlüpfen. So konnte man seine Spüren verwischen, die Amerikaner wussten nicht, in welche Richtung die Feinde liefen.

100 Meter Tunnel wurden für „normalgroße“ Menschen nachgebaut – so bekommen wir eine grobe Idee von der Enge. Ganz schön beklemmend trotz der Sicherheit, dass über unseren Köpfen keine Bomben einschlagen können.

Das Ende des Vietnamkriegs am 30. April 1975 wird in diesem Jahr groß gefeiert. Die Amerikaner zogen ab, das Land wurde unter kommunistischer Führung vereint. Vietnam ist immer noch ein kommunistischer Staat. Alle fünf Jahre wird eine Person gewählt, die auf dem Wahlzettel steht. Planwirtschaft gibt es allerdings schon seit den 1980er-Jahren nicht mehr. Seitdem konnte die Armut deutlich reduziert werden. Irgendwie ist es seltsam, dass beispielsweise HSBC, eine der größten kapitalistischen Banken, für den kommunistischen Unabhängigkeitstag plakatiert, aber so ist das hier in Vietnam.

Die Stadt ist voller kommunistischer Sterne. Die fünf Zacken des Kommunismus-Sterns stehen übrigens für die Macht des Kommunismus auf allen 5 Kontinenten.

Für den Abend haben wir eine Street Food Tour gebucht. Eigentlich wollten wir fahren, aber wegen des Unabhängigkeitstag am 30.April herrscht Verkehrschaos. Also laufen wir. Trinh zeigt uns Ecken, die wir allein niemals entdeckt hätten.

Wir nehmen wieder und wieder auf Kindergartenhockern, die selbst für Vietnamesen ein bisschen klein sind, Platz, kosten Nudelsuppe und unzählige Snacks, deren Namen ich mir nicht merken konnte.

In einem Restaurant überlassen die Vietnamesinnen sogar Christian die Küche.

Getränke haben wir auch probiert, gut geschmeckt hat uns Zuckerrohrsaft. Klingt widerlich süß, ist aber eigentlich sehr erfrischend. Zu Hause dürfte ich den Saft allerdings nicht trinken, wenn ich noch eine (Redner-)Bühne betreten muss. Es heißt, vor einem Auftritt Zuckerrohrsaft zu trinken, bringe Unglück. Das Zuckerrohr erinnert an das Zepter eines Gottes. Wer vor einem Auftritt das Zepter (in Form von Saft) klaut, wird kein Glück auf der Bühne haben. Es soll Sänger geben, die Auftritte absagten, weil sie aus Versehen Zuckerrohrsaft getrunken hatten.

Blumen spielen hier in Vietnam eine wichtige Rolle. Leider konnten wir Trinh nicht sagen, welche Nationalblume Deutschland hat. Die wurde dann von ihr gleich gegoogelt. Für alle, die es wie wir nicht wissen: Es ist die Kornblume.

Einmal fällt der Stop länger als geplant aus. Ohne einen Schauer am Tag geht es wohl nicht oder wie Trinh sagt: das Wetter ist hier ein Teenager.

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